Ausdauerleistung und Verletzungsrisiko: Besser durch Warm-Up? (Teil 2)

Vor kurzem veröffentlichten wir an dieser Stelle eine Zusammenfassung von Andrew Hamilton. Heute erscheint der zweite Teil der Zusammenfassung. Im ersten Teil stand das Durchführen von Dehnübungen zur Diskussion. Heute das Aufwärmen!

Aufwärmen und Intensität:
Im Warm-Up ist es unumstritten, dass das tatsächliche Aufwärmen einen positiven Einfluss auf die Leistungserbringung hat. Es ist allerdings noch weniger klar, welche Intensität und Dauer des Aufwärmens optimal ist (sehr intensive kurze Programme, oder doch lieber lang und weniger intensiv?).

Ein übliches Aufwärmen liegt häufig bei einer Dauer von 5-15 Minuten mit leichten aeroben Übungen im Herzfrequenzbereich von 55-60 % der maximalen Herzfrequenz. Das Ziel ist es, die Temperatur im Muskel zu erhöhen, den Blutfluss (und damit die Sauerstoffbereitstellung) zu verbessern und den Muskel nicht zu ermüden.

Wie hart kann ich das Aufwärmen gestalten?
Logisch betrachtet macht das oben beschriebene Aufwärmen durchaus Sinn. Dennoch gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass ein intensiveres Aufwärmen noch mehr Vorteile bieten kann. Durch intensiveres Aufwärmen wird die Energiebereitstellung für eine folgende hohe Belastung deutlich verbessert. Dies liegt daran, dass die vorherige hohe Belastung die Sauerstoffaufnahme und -versorgung verbessert.

Eine Studie mit 800m Läufern verglich zwei Aufwärmprogramme miteinander und erhob den Sauerstoffverbrauch insgesamt, den maximalen Sauerstoffverbrauch innerhalb der Belastung und die Leistung durch eine Zeitmessung der 800m Laufzeit.

Eine Gruppe absolvierte ein Standard Warm-Up:
– 10 Minuten Joggen
– standardisierte Mobilitätsübungen
– 6 x 50m Läufe 

Die zweite Gruppe führte ein High-intensity Warm-Up durch:
– 10 Minuten Joggen
– standardisierte Mobilitätsübungen
– 2 x 50m Läufe
– 1 x 200m hochintensiv

Die Ergebnisse im anschließenden 800m Lauf zeigten einen signifikanten Unterschied der Laufzeiten zu Gunsten der „high-intensity“ Gruppe (124.5 Sekunden zu 125.7 Sekunden). Der Sauerstoffverbrauch insgesamt und auch maximal lagen ebenfalls zu Gunsten der „high-intensity“ Gruppe vor (insgesamt: 119ml Sauerstoff/kg Körpergewicht zu 109ml Sauerstoff/kg Körpergewicht & maximal: 4.21 Liter/min zu 3.91 Liter/min).

Eine mögliche Erklärung findet sich in der besseren Blutversorgung durch das high-intensity Warm-Up, wodurch es zu einer verbesserten Sauerstoffbereitstellung kommt. Somit kann mehr Energie aus dem aeroben Stoffwechsel gewonnen werden und es fallen weniger Produkte aus dem anaeroben Stoffwechsel an, welche sich negativ auf die Leistungserbringung auswirken können.

Ein zu intensives Warm-Up ist allerdings kontraproduktiv, da es zu muskulärer und neuromuskulärer Ermüdung kommen kann.

Aufwärmen und Dauer:
Neben der Intensität beim Aufwärmen spielt natürlich auch die Dauer eine große Rolle. Auch bei niedrigen Intensitäten kann es bei entsprechender Dauer zu Ermüdungserscheinungen kommen, die die Leistung einschränken und das Verletzungsrisiko erhöhen.

Beispielsweise konnte dies eine Studie von Ruderern zeigen, die sich in der Regel 60 Minuten niedrig intensiv aufwärmten. Gegenübergestellt wurde ein Aufwärmen, welches um 50% reduziert wurde und somit nur noch 30 Minuten derselben Tätigkeit entsprach.

Heraus kam, dass die kürzere Warm-Up Zeit vollkommen ausreichte und die darüber liegende Zeit scheinbar schon zu Ermüdung geführt hat. Die Leistung der „kurzen“ Aufwärmgruppe war deutlich besser, als die der Sportler, die sich 60 Minuten lang aufwärmten. Dies zeigte sich auch in den subjektiven Empfindungen der Sportler. Die, welche das lange Programm durchführten fühlten sich oft subjektiv müder (was durch die erhobenen Laktatwerte unterstützt wurde).

Zusammenfassung:
Dynamisches Dehnen könnte einen positiven Einfluss auf die Leistungsfähigkeit haben. Es ist allerdings nicht ganz klar, ob dies wirklich durch das Dehnen oder eher durch die Erwärmung während der Übungen hervorgerufen wird. Der Anstieg der Körpertemperatur durch Aufwärmen ist durchaus sinnvoll. Die Dauer sollte so gewählt werden, dass sie ausreicht um die Körpertemperatur zu erhöhen, jedoch nicht ermüdet. Hier sind intensivere Belastungen scheinbar sogar von Vorteil, solange sie nicht zu Ermüdung führen.

Diskussion:
Jede Sportart und jeder Sportler bringt seine eigenen physiologischen und auch psychologischen Voraussetzungen mit, die eine optimale Leistungserbringung begünstigen. Dies sollte im Warm-Up berücksichtigt werden. Die vorliegenden Studienergebnisse orientieren sich stark an Ausdauersportarten und können nicht ohne weiteres generalisiert und auf z.B. Spielsportarten übertragen werden. Also immer mitdenken…und dann schauen, was uns diese Ergebnisse für unseren Sportler und unsere Sportart mitgeben können.

Quellen:
1. Peak Performance; 2010, volume 290, p9-11
2. British Journal of Sports Medicine; 2009, 89, p1016-1026
3. Australian Journal of Physiotherapy; 1998, 44(3), p165-172
4. Medicine & Science in Sports & Exercises; 2000, 32(2), p271-277
5. International Journal of Sports Physiology and Performance; 2013, 8(1), p77-83
6. Journal of Applied Physiology; 2011, 111(1), p228-235
7. European Journal of Applied Physiology; 2012, 112(8), p3129-2139
8. International Journal of Sports Physiology and Performance; 2012, 7(2), p186-188

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