Das Ziel des vorliegenden Reviews war es, die Auswirkungen verschiedener Dehnmethoden auf die gymnastische Leistungsfähigkeit zusammenzufassen. Hierzu wurden mehrere Artikel und deren Ergebnisse berücksichtigt.
Veröffentlicht wurde der Artikel unter dem Titel “Dynamic stretching versus static stretching in gymnastic performance” von Christiana D’Anna & Filippo Gomez Paloma im Journal of Human Sport and Exercise (Januar 2015).
Einleitung:
Obwohl Beweglichkeitstraining und auch dessen Testbatterien schon regelmäßig angewendet werden, fehlen noch aussagekräftige Studien darüber, wie man die Beweglichkeit letztlich verbessern kann. In den vergangenen 20 Jahren wurden viele Studien zum Thema Dehnen durchgeführt, die meisten beschäftigen sich jedoch ausschließlich mit dem Einfluss auf die Explosivkraft.
Sowohl die Beweglichkeit als auch eine explosive Kraftentwicklung sind im gymnastischen Sport essentielle Bestandteile um eine gute Leistung auszuüben. Welche Trainingsstrategien jedoch erfolgreich sind und dabei beide Aspekte berücksichtigen ist nur wenig erforscht.
Hinzu kommt, dass die gymnastischen Sportarten (beispielsweise Aerobic, Artistik, Rhythmik) sich stark unterscheiden und deshalb die Trainingsmethode auch sportartspezifisch ausgewählt werden muss. Es scheint außerdem so zu sein, dass die Dauer und Intensität der Dehnprotokolle einen maßgeblichen Effekt auf das Ergebnis haben (Behm & Chaouachi 2011 sowie Magnusson & Renstrom 2006).
Welche Dehnmethoden sind denn nun für welche Zielgruppe geeignet?
Um herauszufinden, welche positiven und negativen Einflüsse durch die verschiedenen Methoden auf die verschiedenen Sportlergruppen ausgeübt werden, hat sich der vorliegende Review mit einigen Studienergebnissen auseinandergesetzt. Diese sind im Folgendem in einer Tabelle dargestellt:
Diskussion und Fazit:
Anhand der aufgeführten Ergebnisse lassen sich folgende Hypothesen aufstellen:
Dehnen und Leistung:
Es konnte ausreichend gezeigt werden, dass statisches Dehnen vor höheren Krafteinsätzen die Leistungsfähigkeit reduziert (Raiola, Tafuri & Gomez 2014). Dynamisches Dehnen ist dem statischen Dehnen vor einer wichtigen Leistungserbringung überlegen. Beachtet man allerdings, dass häufig das Dehnprogramm 20-30 Minuten vor dem Wettkampf stattfindet und die einzelnen Muskelgruppen meist nicht mehr als 15-20 Sekunden gedehnt werden, so wird der negative Effekt vom statischen Dehnen etwas relativiert.
Die Mehrheit der Studien zeigte Leistungseinbußen durch statisches Dehnen von 5-30%.
Studien, die ein 15-30 sekündiges statisches Dehnen untersuchten, zeigten keinen Einfluss auf die Muskellänge (Cramer et al. 2007 & Ogura et al. 2007). Ein 30-90 sekündiges statisches Dehnen wirkte sich negativ auf die Sprungleistung aus (Winchester 2008; Vetter 2007 & Robbins 2008).
Die Sprintleistung und die horizontale Sprungfähigkeit wurden durch dynamisches Dehnen signifikant verbessert (Haddad 2013).
Dehnen und Beweglichkeit:
Unter den verschiedenen Dehntechniken konnte PNF am effektivsten die Beweglichkeit steigern. Andere Studien belegen wiederum, dass durch PNF im anschließenden Training/Wettkampf das Verletzungsrisiko steigt.
Ballistisches Dehnen sollte wegen der Mikroverletzungen vermieden werden. Studien haben aufgezeigt, dass sowohl Muskel, Sehnen als auch Bänder kleine Verletzungen durch ballistisches Dehnen davontragen können.
Passives statisches Dehnen (15-30 Sekunden) ist effektiver als dynamisches Dehnen (hinsichtlich der ROM).
Für das Beweglichkeitstraining bietet sich in besonderem Maße die Zeit nach dem Training/Wettkampf an. Hier ist die kurzfristige Leistungsminimierung durch statisches Dehnen und PNF nicht mehr relevant. Außerdem unterstützt das Durchführen der Dehnprogramme den Abtransport von metabolischen Abfallprodukten und es normalisiert den Muskeltonus (Pacheco 2011).
Ein interessantes Forschungsgebiet wäre die Dehnprogramme hinsichtlich ihres Verletzungsrisikos einzuordnen und dann in Zusammenhang zu bringen um daraufhin eine komplexe strategische Trainingsplanung durchführen zu können
Die Forschungsarbeiten zu diesem Thema sind noch lange nicht ausreichend und teilweise zu widersprüchlich, als dass man sie als Goldstandard wertfrei integrieren und übertragen könnte. Es bleiben also Beobachtungspunkte, die zusammen mit eigenen Erfahrungen kombiniert werden sollten.
Das komplette Review findest du hier