Besseres Workload-Management – Ein Schlüssel für bessere Leistung und weniger Verletzungen:
Eine unangemessene Trainingsbelastung ist eine der Hauptursachen für Verletzungen. Die mit zu hohen Trainingsbelastungen einhergehende Übermüdung beeinträchtigt u.a. die Entscheidungsfähigkeit, Koordination und die neuromuskuläre Kontrolle. Durch eine zu hohe „äußere Belastung“, welche die Kapazität des Sportlers überschreitet steigt das Verletzungsrisiko. Als Beispiel ist hier die Kreuzbandverletzung im Fussball zu nennen, da dort mit ansteigender zentraler Ermüdung das Risiko einer Verletzung sehr stark ansteigt.
Neben dem Verletzungsrisiko durch zu hohe Belastung, gilt auch der Verzicht auf Ruhephasen als ein Risikofaktor. Ermüdung und/ oder sind Übertraining die Folge. Dies gilt sowohl auf psychologischer Ebene wie auch auf physiologischer Ebene.
Die Aufgabe des Workload-Managements besteht darin, das Verletzungsrisiko zu reduzieren und gleichzeitig die Leistung zu optimieren. Dies wird durch frühzeitiges Erkennen von Ermüdung, Ermittlung der Ursachen und die individuelle Anpassung von Ruhe, Erholung, Training und Wettkampfbelastung ermöglicht.
Wie finde ich die optimale Trainingsbelastung?
Diese ist bei jedem Athleten individuell und ändert sich ständig. Sie ist unter anderem von Trainingsstatus, Fitness, Müdigkeit, Stressoren und Schlafqualität abhängig. Das Management des optimalen Workloads und das ständige Anpassen der Trainingsprogramme an die wechselnden Gegebenheiten ist die eigentliche Herausforderung und eine „Wissenschaft für sich“. Dieser kontinuierliche Prozess erfordert eine tägliche Überwachung der internen Belastung, ein Maß der externen Belastung (oft Trainingsdauer und Distanz (z.B. in km)), das Aufzeichnen des Wohlbefindens und die Verwendung dieser Parameter zur Anpassung des Trainingsprogramms des Athleten (Ruhe und Erholung mit inbegriffen).
Grundsteine für ein effektives Workload-Management
- Vertrauensverhältnis und offene Kommunikation zwischen Spielern und Trainern.
- Die Aussagen und Abfragen des Athleten müssen so ehrlich wie möglich sein (z.B. Borg- oder Foster-Skale zur Quantifizierung der internen Belastung)
- Wenn das gesamte Coaching-Team hinter dem Managementprojekt steht, erhöhen sich die Chancen auf ein erfolgreiches Ergebnis
- Eine robuste Workload-Management-Software. Um den Mehrwert für den Athleten zu maximieren sollte die Software folgendes leisten:
- Schnell und mit minimalem Aufwand (ökonomisch) qualitativ hochwertige und aussagekräftige Daten vom Athleten zu sammeln
- Befindlichkeitsabfrage plus interne und externe Belastungsmessungen
- Den Coaches helfen, die wichtigsten Werte zeitgerecht zu interpretieren
- Das Hauptaugenmerk liegt auf der Überwachung der internen Belastung, der Erkennung übermäßiger Ermüdung und der Identifikation externer Stressfaktoren
Die wichtigsten Workload-Management-Werte
Wo früher noch eindimensional gedacht wurde, findet man heute einen vielschichtigen Ansatz für das Workload- und Recovery-Management. Dieser Ansatz umfasst die Erfassung, Analyse und das Monitoring, sowohl subjektiver als auch objektiver Werte.
Akute Belastung (acute load):
siehe auch: das Training Injury Prevention Paradoxon Teil 3
- Durchschnittswert der einzelnen Trainingsbelastungen (sRPE) der aktuellen Woche
- Trainingsdauer in Minuten x RPE (sRPE)
- Je höher die akute Belastung desto weniger erholt ist der Athlet
- In einigen Situationen kann die akute Belastung auch mit kürzeren Zeiträumen berechnet werden (z.B. 3 Tage)
Chronische Belastung (chronic load):
siehe auch: das Training Injury Prevention Paradoxon Teil 3
- Durchschnittswert der akuten Trainingsbelastungen der letzten Wochen
- Summe der akuten Trainingsbelastungen / Anzahl der Trainingswochen
- Typischerweise beschreibt die chronische Belastung die letzten 4-6 Wochen
- Die Höhe der chronischen Belastung wird mit der Fitness des Athleten in Verbindung gebracht
Frische-Index (freshness-index):
- Repräsentiert den Unterschied zwischen chronischer und akuter Belastung oder zwischen Fitness und Müdigkeit
- Ein positiver Frische-Index weist auf eine Entspannungsphase hin, in der die Müdigkeit gering ist und ein gutes Leistungsniveau zu erwarten ist
Monotonie-Index (monotony-index):
- Misst die Schwankungen der täglichen Belastung innerhalb der Woche
- Intensives Training kombiniert mit einem hohen Monotonie-Index (>2) ist ein wichtiger Risikofaktor für Verletzungen und Übertraining
- Bleiben hohe Belastungen konstant über einen längeren Zeitraum, hat dies keine Auswirkungen auf das akut-chronische Belastungsverhältnis (ACWR), jedoch auf das Verletzungsrisiko (steigt)
Abbildung 1. Ein Monotonie-Peak kann das Risiko eines Übertrainings während 7-10 Tagen erhöhen, selbst wenn ACWR im optimalen Bereich liegt
Belastungsspitzen:
- 89% der Erkrankungen oder Verletzungen können durch einzelne zu hohe Belastungsspitzen in den vorrausgegangenen 10 Tagen eines Vorfalls erklärt werden
- Individuelle Anpassung an die Trainingsbelastung
- Vermeidung von belastungsbedingten Verletzungen und Übertraining
Akut-Chronisches Belastungsverhältnis (ACWR):
siehe auch: das Training Injury Prevention Paradoxon Teil 3
- Misst die Beziehung zwischen akuter und chronischer Belastung
- Hilft dabei die Workload zwischen der „Hochbelastungs- und Niedrigrisikozone“ (0,8 – 1,3) zu halten
- Wenn der Wert unter 0,8 oder über 1,3 liegt, erhöht sich das Risiko und die Belastung kann angepasst werden
Belastungssteigerung von Woche zu Woche (week to week change):
siehe auch: das Training Injury Prevention Paradoxon Teil 2
- Prozentualer Belastungsanstieg von einer Woche zur nächsten
- Ein großer Prozentsatz der Verletzungen ist mit hohen Veränderungen und Belastungsspitzen bei den wöchentlichen Belastungen verbunden
- Ein Anstieg der Belastung zur Vorwoche von mehr als 15%, ist mit einer Erhöhung des Verletzungsrisikos von fast 50% verbunden.
- Durch das Monitoring des Workloads von Woche zu Woche können Belastungspeaks erkannt werden à diese spielen eine entscheidende Rolle bei der Verletzungsprävention.
Abbildung 2: Bei Belastungssteigerungen von über 15% nimmt die Verletzungswahrscheinlichkeit sehr stark zu.
Anthropometrische Daten:
- Jeder Athlet ist individuell und deshalb sind auch einige anthropometrische Daten sehr wichtig bei der Belastungssteuerung
- Berücksichtigung des Alter, des Trainingsalters und des Geschlechts dient zur Trainingsteuerung als einfacher und effektiver Ansatz, der dazu beitragen kann die Leistung zu optimieren und die sportliche Entwicklung zu fördern
- Anatomische Besonderheiten und biomechanische Gegebenheiten eines Athleten können unterschiedliche Belastungen hervorrufen
Verletzung Historie:
- Hinsichtlich des Belastungsmanagements sollten auch die früheren Verletzungen betrachtet werden. Jede Verletzung birgt eine gewisse Vulnerabilität (Verletzlichkeit) für eine Rezidiv-Verletzung
Befindlichkeitsabfrage:
- Die Abfrage des Athleten durch einen Befindlichkeitsfragebogen gehört mit zu den zuverlässigen Methoden um die Trainingsbereitschaft, die Selbsteinschätzung und den Einfluss von Stressfaktoren auf den Erholungsprozess zu dokumentieren
- schlechte Werte weisen womöglich auf eine psychische und physische Ermüdung hin
- Anpassung des Trainingsprogramms
Persönliches Feedback:
- Wichtig um Motivation, Stress, Erschöpfung und andere Trainingsprobleme zu identifizieren
- Wenn ein Athlet ein negatives Feedback gibt, muss dies sehr ernst genommen werden, da dies sonst zu Motivations- und anderen Problemen führen kann
Spaß im Training:
- Der Spaß an Trainings- und Wettkampfaktivitäten sollte aus 2 Hauptgründen maximiert werden:
- Wichtige Determinante der intrinsischen Motivation
- Mangelnder Spaß kann oft in eine Art Burnout enden
- deshalb ist es wichtig das Trainer eine angenehme Umgebung erschaffen um dem Athleten eine positive und angenehme Sporterfahrung zu ermöglichen
All in One – zusammengefasst:
Das folgende Flussdiagramm veranschaulicht die Integration aller Werte und des Entscheidungsprozesses. Dieses Modell von Francois Gazzano soll als allgemeine Vorlage für ein praktisches und evidenzbasiertes Workload-Management-Programm verwendet werden.
Abbildung 3: Modell des Integrated Workload Management Workflow mit evidenzbasierten Werten und Methoden
Fazit:
Workload-Management und das Optimieren der Leistung des Athleten bei gleichzeitiger Förderung einer verletzungsfreien Teilnahme ist möglich, wenn man sich an folgende Punkte hält:
- Beginne mit den richtigen Werkzeugen (Datenerhebung)
- Überwache die Schlüsselwerte (Monitoring)
- Erhöhe wöchentliche Lasten progressiv
- Vermeide unvorbereitete Belastungsspitzen
- Abwechselnd harte, moderate und leichte Trainingstage
- Verwende Befindlichkeitsabfragen um die tägliche Belastung anpassen zu können
- Schnelle Reaktion auf Trainings- und Wettkampfbelastungen in stressigen Zeiten
- Stelle sicher, dass Sportler eine angenehme Sporterfahrung haben
- Achte auf die Individualität deiner Athleten
Verweis auf frühere ReSearch-Beiträge zu diesem Thema: