Im Dezember 2016 erschien im Apunts Med Esport. eine Studie von de Souza et al. mit dem Titel „Vertical jump performance after passive static stretching of knee flexors muscles“.
Ziel der Studie war es herauszufinden, welche kurzfristigen Auswirkungen statisches Dehnen der Hamstring Muskulatur auf die Leistung beim vertikalen Sprung haben.
Methode:
Hierzu nahmen 20 freiwillige Sportler (zehn weiblich und zehn männlich) teil, die über Erfahrung in Krafttraining verfügen. Dazu zählten als Kriterien:
– dass sie seit mindestens 3 Jahren Krafttraining ausüben
– dass sie Krafttraining und Sprungtraining dreimal die Woche praktizieren
– dass sie seit mindestens drei Monaten Dehnübungen durchführen
Ausschlusskriterien waren:
– ein positiver Befund beim PAR-Q Fragebogen (Sporttauglichkeit)
– osteoartikuläre Verletzungen oder Operationen der unteren Extremität
– Substitution von leistungssteigernden Substanzen, welche die Kraftentwicklung
beeinflussen könnten
Es wurde standardmäßig vor jeder Test Session ein einheitliches Warm Up durchgeführt. Dieses bestand aus zehn minütigem Joggen, leichten kurzen Sprints und leichten Sprüngen.
Es wurden von allen Teilnehmern zwei Testprotokolle durchlaufen. Zwischen den Tests lagen 48 Stunden und die Studie wurde in Form einer randomisierten Crossover Studie durchgeführt. Das traditionelle Protokoll (TRAD) erhob Daten des Vertical Jumps ohne vorheriges Dehnen. Das passive statische Dehnprotokoll (PSS) erhob Daten des Vertical Jumps mit unmittelbar vor den Sprüngen durchgeführten Dehnübungen der Hamstring-Muskulatur.
Die Durchführung der passiven Dehnübung erfolgte in Rückenlage. Das Bein des Probanden wird angehoben und es kommt zu einer Flexion in der Hüfte (bei vollständig extendiertem Kniegelenk) bis zum Widerstand. Abwechselnd wird jedes Bein dreimal in der passiven statischen Dehnposition für 30 Sekunden gehalten. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Beweglichkeit der Teilnehmer konnte keine einheitliche Winkelposition festgelegt werden.
Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten wurde der Vertical Jump aus einer festgelegten Position ausgeführt. Ein Anfangswert wurde im Stehen gemessen. Dabei stand der Proband direkt neben einer Wand, den Arm um 180° angehoben und den Ellenbogen durchgestreckt. Anschließend wurde der höchste Punkt an der Wand markiert. Um die Sprunghöhe zu ermitteln wurden die Fingerkuppen mit Kreide markiert, sodass der Proband beim Sprung die höchste Stelle durch ein abklatschen an der Wand markieren konnte. Der Proband hatte drei Versuche, wobei der Beste gewertet wurde.
Ergebnisse:
Sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern wurden signifikante Unterschiede in der Sprungleistung des Vertical Jumps zwischen den Gruppen (Dehnung vs. ohne Dehnung) gefunden. Die Männer erzielten höhere Sprungleistungen (13,6%) wenn sie vorher das passive statische Dehnprotokoll absolviert hatten. Dasselbe galt für die Frauen (11,9%).
Diskussion:
Die vorliegende Studie konnte signifikante Unterschiede zu Gunsten der PSS Gruppe aufzeigen. Dies deutet an, dass alleine das Dehnen der Muskulatur der Knieflexoren zu einer Leistungssteigerung führt. Sandberg et al. konnte schon in vorherigen Studien zeigen, dass das PSS Protokoll bei den Hüftflexoren und den Fußgelenksextensoren bereits zu Verbesserungen beim Vertical Jump geführt hat. Dies zeigt, dass die Anwendung vom PSS Protokoll bei den Antagonisten der am Vertical Jump beteiligten Muskelgruppen zu einer Leistungssteigerung führt.
Andere Studien von Cramer et al. (2004) und Marek et al. (2005) zeigten, dass das PSS Protokoll bei den Agonisten zu einer Verschlechterung der Sprungleistung führte.
Aus logischen Überlegungen könnte man die Verbesserung dadurch erklären, dass durch Senkung des Tonus der antagonistischen Muskulatur deren Aktivierbarkeit heruntergefahren wird und diese somit der Leistung der Agonisten nicht so sehr entgegenwirkt.
Zusätzlich könnte man überlegen, welche Rolle die Muskelspindel der antagonistischen Muskulatur dabei spielt und ob die Reflexaktivität durch das statische Dehnen abnimmt.
Wir freuen uns auf eure fachlichen Überlegungen und praktischen Erfahrungen zu diesem Thema. Wie beurteilt ihr diese Studienergebnisse?
Den Volltext zu der Studie findet ihr hier