Athletenprofil bei der Tour de France

Durch das riesige Interesse der Welt an der Fußball Europameisterschaft ist der Start der 103. Tour de France ein wenig in den Hintergrund geraten. Nach all den Jahren, in denen Dopingfälle für Aufsehen und Entsetzen gesorgt haben war das Medieninteresse und Echo weitaus größer. Der Radsport ist gerade dabei einen Selbstreinigungsprozess zu durchlaufen und die Fahrer strampeln eher unauffällig quer durch Frankreich. 

Doch die Tour de France ist mehr als ein Sport. Es ist ein knallhartes Geschäft, ein Spektakel und doch immer wieder im Dopingverdacht. Millionen Radsportfans pilgern jedes Jahr ins Land des Radsportmekkas und erwarten spannende Rennen und Zweikämpfe. Das Thema Doping ist dabei eher unerwünscht. Doch immer wieder stellen sich die Zuschauer die Frage, wie diese Tort(o)ur als Mensch in einem Zeitraum von knapp 3 Wochen und mehr als 3500 km überhaupt zu schaffen ist.

Wir versuchen mit ein paar Fakten einen Erklärungsansatz zu liefern. Im Jahr 2012 wurde von A. Santalla, CP. Earnest, JA. Marroyo und A. Lucia eine Studie veröffentlicht, in der sie ein physiologisches Athletenprofil eines Radfahrers erstellt haben.

Körperliche Statur:

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Kardiorespiratorische Kapazität:

Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) von den meisten Tour-Teilnehmern variiert von 5,0 bis 5,5 L / min oder 70 bis 80ml x kg-1 x min–1. Die höchsten Werte haben (~ 80 ml x kg-1x min-1) in der Regel die Kletterspezialisten (Körpergewicht < 70 kg) , wobei die Werte der Top-10 Fahrer von 5,3 L / min (76 ml x kg-1 x min-1) bis auf 5,8 L / min (82 ml x kg-1 x min -1) reichen. Bei Rennsiegern reichte die VO2max von 6,1 L / min (81 ml x kg-1 x min-1) bis 6,4 L / min (79 ml x kg-1 x min-1). Bei einem Toursieger wurde ein VO2max von 86 ml x kg-1 x min-1 registriert. Zusammengefasst sollte eine Mindestschwelle von 80 ml x kg-1 x min- 1 erreicht werden um die Tour zu gewinnen.

Leistung:

Die maximale Leistung (Wmax) die von den Tourenfahrer erreicht wurde, variiert während des Trainings je nach Testprotokoll. Beim Rampenprotokoll wurden (Workload Dauer ≤1 min) Wmax Bereiche von 450 bis 500 W (6,5 bis 7,5 W / kg) gemessen. Beim Stufenprotokoll (Workload erhöht sich alle 4 Minuten) wurde ein Wmax von üblicherweise 400-450 W (6,0 bis 6,5 W / kg) festgestellt. Bei beiden Test sind allgemein höhere Werte bei den Zeitfahrspezialisten herausgefunden worden, während die Top-10 Fahrer 500-550 W (7-7,7 W / kg) während der Rampe erreichen. Bei längeren Tests sind sogar 572 W (~ 7,1 W / kg) möglich, wie einst beim fünfmaligen Sieger der Tour – Miguel Indurain – gemessen wurde.

Submaximaler Grenzwert:

Die Laktatschwelle und der Beginn der Anhäufung des Blutlaktats werden in der Regel bei ~ 330 W (76% Wmax oder 77% VO2max) beziehungsweise bei 386 W (87% Wmax oder 86% VO2max) erreicht. Im Rampenprotokoll erreichen die Fahrer die erste ventilatorische Schwelle bei 315-370 W (~ 70% Wmax oder 70-75% VO2max) und den RCP (= Respiratorischer Kompensationspunkt; ab hier ist bei zunehmend körperlicher Belastung ein Abfall der CO2-Konzentration in der Atemluft feststellbar) bei 400-450 W (~ 90% Wmax oder ~ 90% VO2max). Diese Werte sind signifikant höher bei Profifahrern, die generell eine niedrigere ventilatorische Schwelle (~ 60 -% Wmax, ~ 60% VO2max) und RCP (84 ~ -% Wmax, ~ 80 % VO2max) haben. Die Leistung an der ventilatorischen Schwelle korreliert mit der gezeigten Performance bei einem Zeitfahren während der Tour. Die besten Zeitfahrer oder Tourgewinner können die Blutlaktatkonzentration für einen längeren Zeitraum hochhalten.

Dies sind Aussagen auf Basis von Leistungsdaten aus dem Jahr 2012 und früher. Der Brite Chris Froome gewann 2013 erstmalig die Tour de France. Im Jahr 2015 wiederholte er seinen Triumph in sehr dominanter Art und Weise. Erste Zweifler kamen auf und glaubten nicht an einen sauberen Triumph. Daraufhin veröffentliche Froome seine Leistungsdaten im Internet. Demnach absolvierte der 30-jährige Froome insgesamt drei Tests – zwei bei submaximaler Belastung erst unter kühlen, dann heißen Bedingungen, sowie einen unter maximaler Belastung. Dabei brachte er 69,9 Kilogramm (bei 1,86 Meter Körpergröße) auf die Waage, 2,9 kg mehr als bei seinem Tour-Sieg. Damals betrug seine Sauerstoff-Kapazität VO2max 88,2, ein Schlüssel für den Erfolg bei Ausdauerleistungssportlern. Zum Vergleich: Der dreimalige Tour-Sieger Greg Lemond wies zu aktiven Zeiten einen Wert von 92,5 auf. Bei der Frankreich-Rundfahrt konnte Froome 6,25 Watt pro Kilogramm Körpergewicht treten. In den Labortests lag sein VO2max bei 84,6. Froome trat einen Spitzenwert von 525 Watt (7,51 pro kg), bei einer Dauerbelastung von 20 – 40 Minuten betrug der Durchschnittswert 419 Watt (5,99 pro kg). Das entspreche laut Jeroen Swart, Sportarzt und Sportmediziner an der University von Kapstadt, „79,8 Prozent seiner Spitzenleistung. Das ist ein völlig plausibler Prozentsatz.”

Zusätzlich veröffentlichte Esquire auch noch Froomes Leistungsdaten aus dem Jahr 2007. Zu Beginn seiner Karriere wog er 76,9 Kilogramm und wies einen Körperfettanteil von 16,9 Prozent auf (2015: 9,8 Prozent). Damals schaffte er zwar einen höheren Spitzenwert (540 Watt), sein VO2max betrug allerdings nur 80,2.

“Ich weiß, dass meine Resultate auch in Zukunft Bestand haben werden. In zehn, 15 Jahren werden die Leute nicht sagen können: “Ah, das war also sein Geheimnis. Es gibt kein Geheimnis”, sagte Froome im britischen Esquire-Magazin. Er habe keine Regeln gebrochen, habe nicht betrogen und keine geheimnisvolle, unbekannte Substanz genommen. “Ich bin der einzige, der mit Bestimmtheit sagen kann, dass ich hundertprozentig sauber bin”, sagte Froome.

Ein letzter Restzweifel – wird auch trotz dieser Daten – wohl immer bleiben.


Quellen:

Santalla, A., Earnest, C., Marroyo, J. A., & Lucia, A. (2012). The tour de France: An updated physiologic review. International journal of sports physiology and performance, 7(3), 200-209.

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