Was bringt ein Kinesiotape? In der Zeitschrift „Sportphysio“ vom Thieme Verlag, Ausgabe 4 von 2015, haben wir einen interessanten Artikel zum Thema „Kinesiotape“ für euch zusammengefasst.
Das Kinesiotape (KT) ist in der heutigen Sportphysiotherapie ein sehr populäres und oft eingesetztes Hilfsmittel. In jedem Betreuerkoffer findet man mindestens ein paar Streifen der bunten Klebebänder.
In den letzten Jahren wurden endlich auch Forschungsstudien über KT in verschiedensten Bereichen realisiert:
Die bisher veröffentlichten fünf systematischen Reviews zeigen eine gespaltene (teilweise kontroverse) Evidenz bezüglich der Effizienz von KT in der Behandlung und Prävention von Sportverletzungen. Allerdings haben sich die Übersichtsarbeiten nicht mit KT und den lateralen Sprunggelenksdistorsionen befasst. In der Praxis wird KT allerdings auch häufig am Sprunggelenk appliziert und bewegten Wilson und Bialocerkowski aus Australien ein systematisches Review zu diesem speziellen Thema durchzuführen. In den sieben größten elektronischen Datenbanken findet man insgesamt acht Studien – sieben Studien dabei aus den letzten fünf Jahren. Insgesamt sind dort 276 Teilnehmer erfasst (192 mit gesunden SG und 84 mit SG-Instabilität).
Die methodologische Qualität wurde mittels „McMaster Critical Review Form for Quantitive Studies“ und der „PEDro“-Skala analysiert. Sehr gute wissenschaftliche Qualität wurde bei sieben der acht Studien festgestellt. Die Effekte von KT wurden zwischen gesunden Probanden und denjenigen mit SG-Instabilität verglichen. Dabei konnten klare Aussagen gefiltert werden.
1. Leute mit SG-Instabilität können durch KT-Verwendung ihre Propriozeption, Muskelausdauer der Plantarflexoren und Leistung (u.a. Sprunghöhe) verbessern. Allerdings auf Kosten eines niedrigeren Stabilitätsgefühl – im Gegensatz zum klassischen Tape.
2. Gesunde Probanden zeigten bei KT-Einsatz eine verbesserte posturale Kontrolle (Balance). Gesunde Probanden bevorzugten die KT-Form als bessere Tapealternative.
Eine Interpretation solcher Ergebnisse ist nicht einfach:
Beispielsweise konnten bei Probanden mit SG-Instabilität weder die neuromuskuläre Aktivierung des M. peronaeus longus noch die Balancefähigkeit durch ein Kinesiotape verbessert werden. Die Autoren betonen, dass die Resultate mit Vorsicht zu behandeln sind, da die acht Studien mit verschiedenen Limitierungen zu kämpfen hatten ( u.a. keine Begründung der Sample-Sizes-Probandenanzahl, keine Konsistenz in der Anwendung von validen und zuverlässigen Outcome-Messungen).
Ebenfalls muss man beachten, dass die Effekte von KT „nur“ bis 72 Stunden post-KT-Applizierung untersucht wurden. In der Praxis werden die Tapes allerdings oft bis zu 5 Tagen getragen.
Es kann also nur spekuliert werden, ob Kinesiotape auch eine präventive Wirkung bei SG-Distorsionen haben könnte. Es sind also weitere Forschungsarbeiten mit längerem Follow-up und genauerer Verletzungsdokumentation notwendig.
Für interessierte KT-Anwender steht die Arbeit kostenlos im PubMed zur Verfügung!
http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0124214
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DESIGN: systematisches Review
BERÜCKSICHTIGTE STUDIEN: Acht Studien mit 276 Probanden (Durchschnittsalter <31 J.; 155 Männer, 121 Frauen)
SPORTARTEN: Basketball, Handball, Rugby, Fussball (Soccer)
OUTCOMES: 10 verschiedene Outcome-Messungen (u.a. SEBT, vertikale Sprunghöhe) für sechs Variablen (posturale Kontrole, Balance, Propriozeption, Sprunggelenk-Steifigkeit, muskuläre Aktivität von M. fibularis longus/peronaeus longus, isotonische Muskelausdauer der Sprunggelenk-Plantarflexoren und Stabilitätsgefühl).